Evangelisches Diakonissenhaus Bethlehem

Predigten

Wochenschlussandacht am 22. August 2015

Pfarrer Wolfgang Scharf, Karlsruhe


Wochenspruch: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jes. 42, 3)


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde!

„Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“

Es sind dies Worte, die Ihnen gewiss sehr gut bekannt und vertraut sind. Worte, die eine Hoffnung und Verheißung auf Zukunft in sich tragen. Wünschen wir uns dies nicht in unseren Herzen:
dass da eine Hoffnung lebendig bleibt, auch wenn die Wogen um uns hoch gehen;
dass es dennoch weitergeht, auch wenn uns alle Kraft ausgeht oder manchmal schon längst ausgegangen ist;
dass da etwas bleibt, das uns durchträgt und hält in aller Haltlosigkeit dieser Welt.

Wie ist das mit unseren Hoffnungen?
Es ist klar, dass ich hier nicht von der Hoffnung spreche, die manche Leute bewegt, wenn sie hoffen, dass das Wetter gut sein möge für ihren Ausflug oder in ihrem Urlaub. Die Hoffnung, mit der wir uns heute Abend beschäftigen, hat eine ganz andere Qualität und Tiefe.
Hören wir Worte, die sich mit der Hoffnung befassen. Zunächst ein Wort des Apostel Paulus zu diesem wichtigen Thema. Paulus sagt im 5. Kapitel des Römerbriefes:
„Die Hoffnung lässt nicht zuschanden werden.“ (Röm. 5, 4).
Paulus lässt uns erkennen, um welche Hoffnung es ihm geht, wenn er drei Kapitel später schreibt:
„Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung, denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht?“
Und er führt weiter aus: „Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.“ (Röm. 8, 24f).
Hier liegt der feine aber entscheidende Unterschied. Was sind Menschen oft so töricht und sehen nur auf das, was ihnen vor Augen ist, was sie sich in ihren Gedanken vorstellen können! Wer seine Hoffnung nur darauf setzt, den muss es nicht wundern, wenn ihm vorgehalten wird:
„Hoffen und Harren hält manchen zum Narren.“
Wir wissen es nur zu gut, dass ein Hoffen und Harren auf Sichtbares und uns Verfügbares schon manchen hat verzweifeln und zum Narren werden lassen.
Auch ist das Wort bekannt, das immer wieder in bedrängenden Lebenssituationen zu hören ist:
„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Der Satz geht bekanntlich so weiter: „aber sie stirbt!“
Wie bringen wir diese Erfahrungen mit Paulus Worten vom ‚nicht zuschanden werden’ zusammen und mit dem glimmenden Docht, der da nicht ausgelöscht und dem geknickten Rohr, das da nicht zerbrochen wird?

Ein wichtiger Hinweis, ja Wegweiser auf diesem Weg ist die heutige Tageslosung aus den Klageliedern:
„Der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt.“ (Klgl. 3, 25)
Es wird hier kein Ausharren ins Ungewisse erkennbar. Das Bibelwort verweist uns auf unseren menschenfreundlichen Gott. IHN sollen und dürfen wir anfragen. IHM unsere Anliegen nennen.
Dass es dabei auch um ganz weltliche Anliegen gehen kann, ist uns etwa durch den Verfasser des Liedes ‚Harre, meine Seele’ bekannt.

Johann Friedrich Raeder war zunächst Angestellter in einem Handelshaus und wurde später selbständiger Kaufmann. Er gründete und leitete den örtlichen Handwerkergesangverein. Er wurde bekannt durch das von ihm 1845 gedichtete Lied „Harre meine Seele“. Raeder nimmt dabei einen Bibelvers aus den Psalmen auf „Harre des HERRN! Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!“ (Ps. 27, 13–14).
Ähnlich Ps. 42,6: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist“.
Der Anlass für dieses Lied war allerdings kein kirchlicher: Durch ein Risikogeschäft im Indigo-Handel war Raeder wirtschaftlich angeschlagen. Er fand so die Kraft zum Durchhalten und sah es selbst als Wunder, dass die im Voraus bezahlten Handelsgüter eintrafen und ihm der Ruin erspart blieb.

Auch wir bringen unsere eigene Lebenserfahrung mit, die ähnliche Spannungen leider oft nur zu gut kennt. Auch wir kennen die Situationen zwischen Hoffen und Bangen, etwa gerade in Krankheitszeiten, die uns selbst oder uns sehr nahe Menschen betroffen haben.
An welche gegründeten Hoffnungen könnten wir uns halten, wenn wir nicht um solche Worte der Bibel und um Menschen wüssten, die ihre Hoffnung auf Gott gesetzt haben.
Wir würden heute ja nicht einen Gottesdienst feiern, wenn wir nicht an einer solchen Hoffnung festhalten könnten, die uns zugesagt ist. Wer wären wir auch ohne Hoffnung. Wir glichen einem Schiff in schwerer See ohne Ziel und Hafen. Wir wären wie ein Wanderer auf steilem Bergpfad im dichtesten Nebel.

Die Bibel kennt diese Situationen, in die Menschen immer wieder geraten. Der Prophet Jesaja weiß um unsere aufgewühlten Seelen. Er benennt die Not. In seinen Worten wird deutlich, dass er die Wege kennt, auf denen wir geknickt sind und wie betäubt.
Die Lasten, die auf unser Leben drücken – er benennt sie beim Namen.
Er kennt die Brüche in unserem Leben, Abbrüche, wenn wir mit leeren Händen vor Abgründen stehen und keinen Weg erkennen, der weiterführt.
Er kennt die Stunden in denen uns das Licht ausgeht und zu verlöschen droht durch die Lasten, die auf unser Leben drücken.
All das nennt er beim Namen. Nichts wird hier schön geredet. Nichts wird in Dunkelheit oder unwirklichen Schein vernebelt. Alles wird ins rechte Licht vor Gott gerückt.
Gott ist das Ziel unserer Hoffnung, er ist die Quelle unserer Hoffnung.
In seinen Worten, wie auch in anderen Worten der Bibel, wird eines sehr deutlich und klar:
Gott kennen und zu Gott gehören bewahrt nicht vor geknicktem Leben.
Die Botschaft lautet: Gott bewahrt das geknickte Leben.
Gott behütet nicht vor finsteren Tälern, wohl aber behütet er in finsteren Tälern.
Gott löscht nicht den Funken Hoffnung; vielmehr wird er zum Funken der Hoffnung in geknicktem Leben.
Vielleicht gehört es zu diesem Weg der Hoffnung, der zu einem gesegneten Weg werden darf, dass wir einüben, unsere Hoffnungslosigkeiten vor Gott zu benennen.
Unsere Sorgen und Ängste, die wir im Herzen tragen nicht zu verschweigen, sondern vor Gott auszubreiten.
Gott – das wissen wir – kennt uns und will doch gebeten sein. Bei Gott ist die Hoffnung, die nicht zuschanden werden lässt. Dies wird etwa deutlich, wenn wir hören wie Paulus den eingangs zitierten Satz weiter fortführt:
„denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ (Röm. 5, 5b)
Für den Evangelisten Matthäus ist diese göttliche Verheißung der Liebe in Jesus zur Erfüllung gekommen.

Hören wir nochmals das ermutigende Wort eines Mannes aus der Wolke der Zeugen, ein Liedwort von August Herrmann Francke:
D´rum aufwärts froh den Blick gewandt und vorwärts fest den Schritt.
Wir geh´n an uns´res Meisters Hand, und unser Herr geht mit.“ (EG 394, 5)
Und der Friede, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn und Heiland.
Amen.

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