Evangelisches Diakonissenhaus Bethlehem

Predigten

Wochenschlussandacht am 6. Dezember 2014

Pfarrer Wolfgang Scharf, Karlsruhe

Lukas 21, 25 – 33


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde!

Beim Hören des Predigttextes bleiben vor allem die Bilder des Schreckens hängen: Es gibt Zeichen am Himmel von Sonne, Mond und Sternen. Auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein. Die Angst geht um, in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen.

Angst und Schrecken – bestürzte und ratlose Menschen, zahllose Ereignisse der letzten Monate kommen uns in den Blick. Vulkanausbrüche, gigantische Wintereinbrüche in den USA, Überschwemmungen in verschiedenen Regionen unserer Erde, die drohende Taifungefahr auf den Philippinen, IS Terrror und vieles mehr.

Es kann einem dabei angst und bange werden. Angst davor, dass sich alles verändern wird. Angst davor, dass wir das verlieren könnten, woran unser Herz hängt und auf das wir uns bisher so sicher verlassen haben.
Oft brauchen wir gar nicht so weit zu schauen – die Katastrophen im uns ganz nahen Bereich sind für die, die sie betreffen mindestens ebenso tragisch wie jene weltweiten Ereignisse. Ein Kind stirbt, eine Mitarbeiterin, die gerade noch fröhlich im Kollegenkreis gefeiert hat, ist wenige Tage später tot, eine Ehe geht auseinander, ein tragischer Unfall oder schwere Krankheit brechen ins Leben ein; alles was bislang geordnet war bricht ein und nichts ist mehr so wie es war. Lebensplanungen stürzen zusammen. Dunkelheit umgibt uns.

Auch weniger dramatische Ereignisse können uns an den Rand dessen bringen, was wir ertragen können. Ziele, die wir uns gesteckt haben, rücken in unerreichbare Ferne. Statt Leiter der Abteilung zu werden, bleibt man an einer untergeordneten Tätigkeit hängen. Zu alt, um mit den neuen Mitarbeitern mitzuhalten, eine neue Arbeitsstelle zu finden unmöglich, die Kosten steigen und der Gürtel muss noch einmal enger geschnallt werden als er ohnehin schon ist.

Die Zukunft ist manchem ungewiss – was da kommt, scheint nur noch abwärts zu gehen. Wir werden alt, die Kräfte lassen nach, wir haben den Kampf um einen Platz in der ersten Reihe verloren. Der Kopf senkt sich nach unten, man kann den Kopf nur noch hängen lassen.

Doch Moment mal! Morgen werden wir die zweite Kerze am Adventskranz anzünden. Wandert unser Blick nicht hin zum Weihnachtsfest, zum Heiligen Abend, an dem uns eine neue Hoffnung geboren wird, an dem uns Gott in Christus so nahe kommt?

Lukas richtet unsere Aufmerksamkeit am Vorabend des 2. Advent auf eine andere Ankunft Gottes. Die Ankunft am Ende aller Zeiten. Dieser Ankunft geht viel Dunkelheit voraus. Aus dieser Dunkelheit entwickelt sich ein Gefühl größter Verunsicherung, Werte und Normen stimmen nicht mehr oder erweisen sich als hohl. Aus Orientierungslosigkeit erwächst schließlich Bestürzung, Ratlosigkeit.

Aber gerade in dieser Zeit, ‚wenn dieses anfängt zu geschehen‘, heißt es bei Lukas, dann sollen wir uns aufrichten, sollen unsere Häupter erheben – denn die Erlösung ist nahe.

Hier treffen sich die beiden Linien des Advent.

Einerseits schauen wir auf Weihnachten – Gott kommt den Menschen ganz nahe. Seine Göttlichkeit erleuchtet die menschliche Gegenwart. Wir vergewissern uns jedes Jahr wieder, dass das tatsächlich geschehen ist. Wir freuen uns, dass sein Reich unter uns anbricht, sichtbar.

Andererseits heben wir den Blick von der Krippe und schauen auf das, was uns umgibt. Wir zucken zusammen und erschrecken. Aber Lukas macht einen ganz entscheidenden Unterschied. Es sind die ‚Völker‘, die erschrecken. Damit sind, wie im Alten Testament immer, die anderen, fremden Völker gemeint. Also diejenigen, die nicht zu denen gehören, die das Licht der Heiligen Nacht in ihr Leben scheinen lassen. Sie erschrecken, wenn plötzlich das wegbricht, was ihnen Halt und Sicherheit gegeben hat. Wenn Mächte zusammenbrechen, die als unangreifbar, ewig und heilig galten, von denen die Völker sich also das Heil erhofft haben. Wenn die Träume enormer Börsengewinne durch eine Krise zerplatzen wie Seifenblasen. Aber auch wenn wir unser Herz an Wohlstand und Status hängen, und sich unsere Hoffnungen nicht erfüllen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass all dieses einen Christen nicht mit Angst und Schrecken erfüllt. Aber der Unterschied ist, dass wir die Zusage Gottes haben, dass diese Angst nicht das letzte Wort hat. Wir können immer wieder auf das Geschehen von Weihnachten schauen und davon eine Ahnung von dem bekommen, was uns am Ende der Zeiten erwartet. Da steht nämlich die Erlösung. Auch wenn die Kräfte des Himmels erschüttert werden – wir starren nicht in den Himmel, sondern gehen unseren Weg hier und jetzt – gemeinsam mit den Menschen unserer Kirche.

Zwischen den Geschehnissen der Erscheinung Gottes in Christus und der endgültigen Erlösung der Endzeit liegt die Zeit, in der wir im anbrechenden Gottesreich leben. Sein Reich bricht an bei denen, die daran glauben und zusammen die Kirche bilden. Das soll unser Leben bestimmen.

Ich denke an Martin Luther, der sich in Zeiten, in denen es ihm schlecht ging, vor Augen schrieb: „Ich bin getauft!“ Luther erinnerte sich daran, dass er bei Gott bekannt ist und beim Namen gerufen. Gott hat ihm und uns in der Taufe gewissermassen ein Siegel aufgedrückt. Mit diesem Siegel wird uns bestätigt, dass Gott uns als seine Kinder angenommen hat und uns rettet durch alle Not, selbst durch den Tod hindurch. Das ist das Wunderbare, dass wir letztlich in allen Nöten, die uns betreffen, eine unverlierbare Hoffnung auf Rettung haben. Eine Rettung, die durch keine Macht der Welt zunichte wird. Menschen haben in den größten Nöten ihren Glauben an Jesus Christus und ihre Hoffnung auf die Rettung durch Gott bewahren können. Namen etwa von Dietrich Bonhoeffer, von Menschen im Widerstand gegen die Machthaber im Dritten Reich oder Martin Luther King mögen uns dabei einfallen. Ihre Lebenszeugnisse beeindrucken uns.

Doch sollten wir uns in einem nicht täuschen: die Taufe bedarf einer lebendigen, einer gelebten Beziehung zu Gott. Es ist lebensentscheidend, dass ich den Zuspruch der Vergebung und Rettung durch Gottes Sohn Jesus Christus immer wieder und immer wieder neu erhalte. Denn ohne diesen Zuspruch wird mein Haupt nicht erhoben bleiben. Ich brauche inmitten der anbrandenden Nachrichten dieser Welt, die so oft schlechte Nachrichten verkünden, weil nur diese Nachrichten offensichtlich interessieren, die gute Nachricht der Liebe Gottes, die gute Nachricht, dass inmitten von alledem Gottes Zusage gilt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“

Und darum und nur darum haben wir allen Grund trotz allem erhobenen Hauptes unseren Weg durch diese Adventszeit zu gehen: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn und Heiland.
Amen.

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